Vergessen Sie, was Sie gelernt haben!

Es ist schon ein wenig zum Heulen ... erst wurden wir über zehn Jahre gebetsmühlenartig darauf getrimmt, dass die primäre Aufgabe der IT darin besteht, den Wildwuchs zurückzuschneiden. Da ging es darum, Applikations-Landschaften zu rationalisieren, Rechenzentren zu konsolidieren, Services zu standardisieren und Kosten zu reduzieren.


Die Helden unserer bisherigen Karriere waren eiskalte Cost-Cutter, die bewiesen hatten, dass das Schiff auch mit der halben Mannschaft auf Kurs bleiben kann.

Ich kann mich selbst noch daran erinnern, dass ich an einem Punkt meiner Karriere vehement daran gearbeitet habe, die Unsitte der "Never-Ending-Releases" durch strukturiertes Release Management auszumerzen und die Entwickler möglichst weit fern von jeder Produktionsumgebung zu halten.

 

Und jetzt plötzlich soll das alles nicht mehr ausreichen? Auf einmal ist es nicht mehr opportun, standardisierte Services aus zentralisierten Organisationen zu leisten, die sich geradezu sklavisch an detaillierte Prozesse halten?

 

Tatsächlich ist es so, dass die Welt sich geändert hat. Und zwar in einer Weise, die nun beinahe vollständig gegensätzliche Fertigkeiten fordert. Es ist beinahe so, als ob die große Stunde der Darwinisten geschlagen hat: Überleben wird nicht, wer das rationalisierteste Portfolio hat, sondern wer sich schnell anpassen kann oder besser noch - wer andere dazu zwingen kann, sich anzupassen.

 

Und dieses Phänomen manifestiert sich jetzt in einem Trend, der sich mit Begriffen wie Two-Speed-IT, Bi-Modal-IT oder IT 2.0 schmückt. Laut Gartners Hype Cycle übrigens ein Thema, dass vom Gipfel des Hypes sogar noch ein gutes Stück entfernt ist...

 

Um es klar zu sagen: Der Trend is unumkehrlich! IT Services sind mittlerweile demokratisiert! Das, was die IT nicht leistet, besorgt man sich eben unbürokratisch am externen Markt. Und ein CIO der glaubt, sämtliche IT Ausgaben ausschließlich aus seinem eigenen Budget zu bestreiten, hat entweder eine geradezu märchenhafte Governance oder sieht die Welt durch eine rosa Brille. 

Quo vadis, CIO?

Aber was bedeutet das nun für vorhandene IT Organisationen?  Die größte Herausforderung wird dabei meines Erachtens die eigene Mannschaft sein. In wieweit sich die über eine ganze Dekade hinweg konditionierten Mitarbeiter in einem fundamental anderen Wertesystem zurechtfinden werden,  wird sich zeigen müssen. Jemand der dafür eingestellt wurde, auf die Einhaltung von Standards und Prozessen zu pochen, wird sicher nicht plötzlich zum glühenden Befürworter von agil-kreativem Chaos.

 

Und auch der CIO selbst steht vor dieser Herausforderung: Wer bisher daran gemessen wurde, dass SAP möglichst reibungslos läuft, wird sein Skillset und das seiner Truppen mächtig erweitern müssen. Und das in sehr kurzer Zeit. Erweitern deshalb, weil der neue Modus nicht etwa die Ablösung des bisherigen Betriebsmodells darstellt, sondern vielmehr eine gleichberechtigte Eweiterung.

 

Und so wird das darwinistische Model auch (und inbesondere) für die CIOs gelten. Jenen, die sich schnell auf das neue Paradigma einstellen werden, den Spagat zwischen alten und neuen Tugenden meistern und Ihre Organisation durch den Veränderungsprozess führen können, steht eine tolle Zeit bevor.

 

Allen anderen droht entweder ein schleichender Verlust an Einfluss oder noch radikalere Veränderungen im persönlichen Karrieremodell.

 

Liebe CIOs, fasten your seatbelts - bumpy ride ahead!

Autor: CdA


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Kommentare: 1
  • #1

    Britta (Dienstag, 29 September 2015 19:33)

    Chris, Schwarmintelligenz und agiles Mindset. Well done! I like.